Miss Pageturner Buchblog Rezension, Foto vom Buch Was die Toten bewegt von T. Kingfisher.

Buchinfo

Cross Cult || Orig. What Moves the Dead || 1/2 || 192 Seiten
Et.: 06.06.24 || Übersetzerin: Elena Helfrecht || 978-3-9866645-7-2
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(Verlagstext)
Als Alex Easton, ein Soldat im Ruhestand, die Nachricht erhält, dass seine Jugendfreundin Madeline Usher im Sterben liegt, eilt Alex augenblicklich zum Stammsitz der Ushers in der abgelegenen Landschaft Ruritaniens.
Was Alex dort vorfindet, ist ein Albtraum aus Pilzwucherungen und besessenen Tieren, die einen dunklen, pulsierenden See umgeben. Madeline schlafwandelt und spricht nachts mit seltsamen Stimmen, und ihr Bruder Roderick wird von einer mysteriösen Nervenkrankheit heimgesucht.
Mit Hilfe eines gefürchteten britischen Mykologen und eines verblüfften amerikanischen Arztes muss Alex das Geheimnis des Hauses Usher lüften, bevor es sie alle verschlingt.

Miss Pageturner Rezension Überschrift Coverbesprechung.

Ich liebe das Cover. Es ist so herrlich grotesk und düster und dabei trotzdem wunderschön. Die feinen Details, die fast schon wissenschaftlich präzise gezeichneten Pilze und das Fell des Hasen sind einfach beeindruckend. Die Farbpalette ist ja eher gedeckt, aber die rötlichen und rosafarbenen Pilze stechen aus dem dunklen Hintergrund heraus, als würden sie pulsieren und wachsen. Es passt einfach alles zum Buch und das Cover zu übernehmen war definitiv die beste Entscheidung, ich wäre sonst super enttäuscht gewesen, hätten wir uns mit etwas anderem begnügen müssen.

Icon, wer ist der Künstler oder die Künstlerin der Coverillustration?

Die Coverillustration stammt von Christina Mrozik, die Expertin für groteske Illustrationen ist, schaut mal vorbei.

Miss Pageturner Rezension Überschrift Meine Meinung zum Buch.

Bei diesem Buch hat nur ein Blick aufs grade eben schon hochgelobte Cover genügt und ich wusste, das will ich lesen. Da wusste ich noch gar nicht worum es geht, als ich dann noch las, eine Interpretation von Der Untergang des Hauses Usher, war ich endgültig hin und weg. Zumal mir Wie man einen Prinzen tötet von Kingfisher ja auch schon richtig gut gefallen hatte. Konnte die Autorin nochmal einen Treffer für mich landen?

Edgar Allan Poe, but make it modern

Ich mag Edgar Allan Poe sehr gern und auch wenn Der Untergang des Hauses Usher nicht meine Lieblings-Kurzgeschichte von ihm ist, so ist sie trotzdem gut gelungen und dementsprechend war ich neugierig, was Kingfisher daraus macht. Und was sie hier abliefert, ist durchaus eine fesselnde Neuinterpretation – keine direkte Nacherzählung, sondern vielmehr eine Art Erweiterung, die das düstere Erbe des Originals gekonnt weiterführt. Wer Poes Geschichte kennt, wird hier zahlreiche Anspielungen und Motive wiederfinden, sei es die unheimliche Aura des Hauses, das Motiv von Tod, Verwesung und Verfall oder das beklemmende Gefühl des schleichenden Unheils, das sich mit jeder Seite weiter entfaltet.
Gleichzeitig gelingt es Kingfisher, die bekannte Erzählung mit neuen Aspekten zu bereichern, ohne dass sich diese fremdartig oder aufgesetzt anfühlen. Emanzipation, queere Identität, (weibliche) wissenschaftliche Neugier – all das findet hier Platz, ohne dass es sich wie eine gezwungene Anpassung an zeitgenössische Sensibilitäten anfühlt. Gerade in einem historisch angesiedelten Roman kann das schnell künstlich wirken, doch Kingfisher integriert diese Aspekte so gekonnt, dass sie sich nahtlos in die Geschichte einfügen.

Von Unheil, gruselhasen und einer neuen Lieblings-Mykologin

Nochmal kurz zurück zum Cover: Was es so großartig macht, ist nicht nur die reine Ästhetik, sondern einfach, wie punktgenau gut es zum Buch passt. Das wird dann deutlich, wenn man sich von der Atmosphäre des Buches gefangen nehmen lässt. Die bedrückende, feuchte Schwere des Hauses Usher ist geradezu greifbar, die wuchernde Natur, die alles zu verschlingen droht, und die absolut seltsamen Hasen verstärken die unterschwellige Bedrohung. Die Pilze (sind sie DAS neue Horrormotiv?) spielen dabei eine zentrale Rolle, aber welche, das verrate ich euch natürlich nicht.

Ein weiterer großer Pluspunkt sind die Figuren. Protagonist*in Alex ist äußerst sympathisch – humorvoll, pragmatisch und mit einer erfrischend offenen Haltung gegenüber dem Übernatürlichen. Kein überzogen skeptischer Rationalist, der alles Ungewöhnliche abtut, aber auch keine naive Person, die bereitwillig alles hinnimmt. Der trockene Humor, der immer wieder durchschimmert, gibt dem Buch eine überraschende Leichtigkeit, ohne jedoch die düstere Atmosphäre zu stören. Mein persönliches Highlight war allerdings Miss Potter, die Mykologin. Ihr unerschütterlicher Schneid, ihre Schlagfertigkeit und ihr unermüdlicher Forscherdrang machen sie zu einer faszinierenden Figur. Umso erfreulicher, dass sie in Was die Nacht verschweigt wieder auftauchen wird – ich freue mich jetzt schon darauf.

Und doch, auch wenn es sehr viele Aspekte gibt, die mir an dem Buch sehr gut gefallen haben, so hat mir, gerade zum Ende, noch ein letzter Funke gefehlt. Ein Plottwist oder ein anderer „Wow-Moment“, bei dem ich das Gefühl gehabt hätte, dass die sich steigernde und immer dichter werdende Atmosphäre mit einem Paukenschlag aufgelöst wird. So ist das Ende okay, aber es erschien mir alles in allem ein bisschen zu einfach. Da hätte man mehr rausholen können.

Miss Pageturner Rezension Überschrift Fazit zum Buch.

Insgesamt ist Was die Toten bewegt eine überzeugende, atmosphärisch dichte und hervorragend geschriebene Hommage an Poe, der es gelingt, zugleich modern und Gothic zu wirken. Kein atemloser Horrortrip, sondern ein leises, unheilvolles Grauen, das sich langsam entfaltet. Wer düstere, makabre Gothic-Literatur mag, wird hier viel Freude haben.

Überschrift: Bewertung
Miss Pageturner Rezension Bewertung Skala: fünf von sechs Punkte.
Miss Pageturner Rezension Überschrift Andere Meinungen zum Buch.

Faanielibri
Rezensöhnchen
Booknerds: 14/15
Tiefseezeilen: 5/5
Laura von Eden: 5/5

Von T. Kingfisher ebenfalls von mir rezensiert:

Wie man einen Prinzen tötet
The Hollow Places