(Verlagstext)
Nur noch wenige Tage, dann wird Claire Kovalik gefeuert. Sie und ihre Crew reparieren Relaisstationen im Sonnensystem, doch eine neue Kommunikationstechnik macht diese bald obsolet. Bei ihrem letzten Einsatz fangen sie ein Notsignal auf, das von weit jenseits der Plutobahn kommt. Was sie dort entdecken, raubt ihnen den Atem: Es ist die Aurora, das größte Luxus-Raumschiff aller Zeiten, das vor über zwanzig Jahren auf seinem Jungfernflug verschwand. Wenn Claire und ihre Crew das Wrack bergen können, haben sie ausgesorgt. Doch im Inneren der Aurora bietet sich ihnen ein Bild des Grauens: verstümmelte Leichen, in Blut geschriebene Botschaften, ein Flüstern im Dunkel. Was immer die Aurora angegriffen hat – es ist noch an Bord …
Heute gewinnt das Originalcover. Das deutsche Cover ist zwar dunkel gehalten, könnte aber trotzdem zu praktisch jeden beliebigen Sci-Fi Roman gehören, das ist ein bisschen langweilig. Zumal wie der beschriebene Luxus-Space-Liner sieht das Raumschiff auch nicht aus, eher was Militärisches. Da deutet die behandschuhte Hand am Bullauge schon mehr auf den Horrorcharakter des Buches hin und ich mag es,w ie mit dem Bullauge der Bogen zu Geisterschiffromanen geschlagen wird. Auch farblich spricht es mich mehr an, als dieses verwaschene Grau/Khaki vom deutschen Cover, daher ein eindeutiger Sieg für mich.
Auf dieses Buch hatte ich schon gleich, als ich den Klapptext las, richtig Lust es zu lesen, und das, vielleicht aber auch gerade, weil ich schon länger kein Sci-Fi mehr gelesen hatte. Zudem gab mir der Klapptext gleich Among Us Vibes, da musste ich es haben 😂
Wenn Steve Beck Ghost Ship im All gedreht hätte
Dead Silence habe ich im Buddy Read mit Iris alias building_my_library gelesen, was sehr viel Spaß gemacht hat, weil wir zwischendurch allerhand Theorien ausgetauscht haben. Schon nach dem ersten Leseabschnitt kam die Rede auf Steve Becks Film Ghostship, ein Horrorfilm von 2002 bei dem ein Bergungsteam ein verschollenes Kreuzfahrtschiff findet und dann an Bord allerhand (übernatürlichen) Schrecken durchlebt. Die Parallelen zu Dead Silence: Bergungsteam, Luxusliner, die anfängliche Freunde durch den Fund reich zu werden, die zunehmende Ahnung, dass mit diesem (Raum)Schiff etwas nicht stimmt etc. sind definitiv da. Auch die ersten 200 Seiten lesen sich mit der gleichen Beklemmung, wenn das Team das Raumschiff erkundet und immer mehr Spuren von Gewalt und Grauen findet.
Ich habe diese erste Hälfte des Buches quasi inhaliert. Die Atmosphäre an Board, die nervenaufreibende Frage, was hier passiert ist, das alles ließ mich so schnell und intensiv lesen, wie es schon lange es kein Buch mehr geschafft hat. Hier daher ein großes Chapeau für Atmosphäre und dichtes Erzählen.
Ein klein wenig schade fand ich aber an dieser Stelle auch schon, dass die Geschichte von Beginn an auf zwei Zeitebenen erzählt wurde. Einmal die Gegenwart, in der Protagonistin Claire sich in einer Heilanstalt befindet und dann die Erkundung der Aurora, die in der Vergangenheit liegt und von der Claire berichtet. Dadurch wusste man als LeserIn also schon ob und wer überlebt. Diese Erzählweise auf mehreren Zeitebenen finde ich bei Horrorromanen immer etwas suboptimal, das mag aber auch Ansichtssache sein.
Nicht was ich mir erhofft hatte
Und dann kommt der Punkt, an dem die beiden Zeitebenen ineinander übergehen und die Geschichte komplett in der Gegenwart angekommen ist, und ab da konnte mich das Buch dann leider nicht mehr so völlig mitreißen, wie zuvor. Das hatte zweierlei Gründe. Zum einen gefiel mir einfach die Richtung nicht, in die das Buch sich entwickelte. Man kann nicht wirklich sagen, dass es schlecht ist, es ist eine schlüssige und in sich runde Auflösung, doch es war einfach nicht das, was ich mir gewünscht hätte. Was genau das Problem war, kann ich euch nur mit heftigen Spoilern sagen, also Folgendes lesen auf eigene Gefahr (Klick auf den Text):
Ich wollte einfach, dass es etwas Übernatürliches oder Außerirdisches ist. Ich liebe Horrorromane, aber eben nur mit paranormaler Handlung. Ich kann es absolut nicht leiden, wenn sich herausstellt, der Geist, war gar kein Geist, sondern alles nur in deinem Kopf. Und zwar beinhaltet Dead Silence ein Element, dass bis zum Ende als übernatürlich durchgeht, nämlich das Claire Geister sehen kann, doch der eigentliche Kern des Buches, nämlich das, was auf der Aurora passiert, ist so furchtbar banal: Ein Industriekonzern, der einem Konkurrenten schaden will, dabei gehen Menschen drauf und das wird dann vertuscht. Der Grund für das Grauen auf der Aurora ist, ein technischer, kein übernatürlicher/außerirdischer und es war mal wieder der pöse pöse korrupte Konzern *seufz, wie profan.Der zweite Grund ist die Vorhersehbarkeit ab der zweiten Hälfte. Im Austausch mit Iris hatte ich, als die beiden Zeitebenen aufeinandertrafen, eine Theorie aufgestellt, was den Horror an Board verursacht, wie es in etwa geschieht und was die Hintergründe sein könnten und genau so war es dann auch. Das nahm dann natürlich einiges an Intensität aus der restlichen Handlung raus. Nicht soweit, dass ich sagen würde, es sei langweilig geworden, aber ich war “nur” noch interessiert wie es weiter ging, nicht mehr im “Leserausch”. Auch die Liebesstory war jetzt nicht wirklich bereichernd oder überhaupt nötig und das Ende nicht ganz, wie ich es bei ienem Horrorroman erwarte, aber ok.
Dead Silence überzeugt in der ersten Hälfte als Liebeskind zwischen klassischem Geisterschiff-Horror und Sci-Fi mit feinstem Gruselspaß, inklusive dichter, atmosphärischer Erzählweise. Leider traf die Auflösung der Geschichte nicht meinen Geschmack, rein handwerklich lässt sich dem Buch aber nur eine zu große Vorhersehbarkeit vorwerfen. Ich lege Sci-Fi und Gruselfans das Buch trotzdem gleichermaßen ans Herz und vielleicht mögt ihr die Auflösung auch lieber.
► Buchwelten
► GosuReviews
► Noras Books: 5/5
► Der Büchernarr: 4/5