(Verlagstext, Spoiler entschärft)
Mexiko, Ende des 19. Jahrhunderts: Carlota Moreau wächst fern von der zivilisierten Welt im Dschungel der Halbinsel Yucatán auf. Sie ist die Tochter eines begabten Wissenschaftlers, der auf seinem Anwesen geheime Experimente durchführt. Als Eduardo Lizalde, der Sohn von Doktor Moreaus Geldgeber, eintrifft und Carlota den Hof macht, scheint ihr Weg in die feine Gesellschaft vorgezeichnet. Doch die dunklen Labore verbergen unzählige Geheimnisse
Hm, ich muss gestehen, ich bin kein großer Fan des Covers, aber das ist tatsächlich ganz persönlich, denn mir gefällt einfach die Farbkombination pink-grün so gar nicht. Für mein ästhetisches Empfinden beißen sich die beiden Farben total und stören daher meinen Gesamteindruck vom Cover, egal was das eigentliche Motiv ist.
Das Fanart von Kelley McMorris, das ihr oben auch als Postcard mit im Bild sehr, das hätte ich mega als Cover gefunden*träum*
Auch wenn mich Der mexikanische Fluch nicht vollends überzeugen konnte, hatte ich schon damals im Fazit gesagt, dass ich dennoch noch weitere Bücher der Autorin lesen würde und gesagt, getan. Als Die Tochter des Doktor Moreau erschien, wanderte es direkt und die Wunschliste und nachdem ich im Sommer zur Vorbereitung H.G. Wells Die Insel des Doktor Moreau gelesen hatte (welches mir nicht wirklich gefiel), nahm ich es endlich zur Hand.
Verborgen im Dschungel Mexikos
Mit Die Tochter des Doktor Moreau entführt uns Silvia Moreno-Garcia erneut nach Mexiko, doch dieses Mal auf die Halbinsel Yucatán. Hier, in einem atmosphärisch dichten Dschungel-Setting, kreiert sie eine Neuinterpretation von H.G. Wells’ Klassiker Die Insel des Doktor Moreau. Das Setting hat mir sehr gefallen, einfach weil die Autorin ein Händchen für stimmungsvolle Beschreibungen hat. Ich mag ihren Schreibstil sehr. Die üppige Wildnis von Yucatán, die ständige drückende Hitze, die farbenfrohe Gestaltung von Yaxaktun, die in so einem Kontrast zu den Vorgängen im Inneren steht, all das beschreibt Moreno-Garcia eindringlich und bildgewaltig.
Daher lasen sich die ersten Seiten auch flott weg, auch wenn gar nicht viel passiert. Es wird viel Zeit und Seiten genutzt, um die Charaktere, allen voran Carlota und Montgomery und ihr Leben in Yaxaktun vorzustellen.
Montgomery mochte ich tatsächlich sehr gerne. Weniger, weil ich ihn super sympathisch fand, sondern her fasziniert. Er ist beileibe kein strahlender Held, sondern wankt zwischen Trunkenbold und Revolverheld hin und her, aber ich mochte dennoch seien nüchterne Sichtweise auf die Dinge. Es war interessant zu sehen, wie er einerseits von seiner Vergangenheit gebrochen ist und andrerseits dennoch versucht einen Funken Anstand zu bewahren.
Bei Carlota war es dann für mich genau andersherum, sie fand ich etwas weniger faszinierend, aber sympathisch, wenngleich Ihre Naivität, die durch ihre abgeschiedene Erziehung bedingt ist, auch anstrengend sein konnte.
Ein kurzes Wort zum Original noch: Wer mit H.G. Wells Die Insel des Doktor Moreau vertraut ist, wird gewisse Anspielungen und die Grundidee der Hybride besser verstehen. Allerdings gelingt es Moreno-Garcia, auch Leserinnen und Leser ohne Vorkenntnisse gut abzuholen. Ihre Hybride unterscheiden sich zudem in vielerlei Hinsicht von denen des Originals, sodass der Roman auch eigenständig funktioniert.
Der letzte Funke
So vielversprechend das Setting und die Charaktere auch sind, hatte die Handlung leider einige Schwächen. Besonders in der Mitte des Romans wirkte sie stellenweise etwas zäh, was für mich zwei Gründe hatte. Zum einen war lange nicht so recht klar, worauf das ganze hinauslaufen sollte. Viele denken, dies ist ein Horrorroman, aber dem ist nicht so. Der Gruselfaktor der Experimente spielt nur eine sehr, sehr untergeordnete Rolle und auch das “große Geheimnis”, ist einem relativ schnell klar. Das Buch lebt weniger von seiner Spannung oder dem Mysterium, sondern mehr von seinen Figuren und der Atmosphäre. Ich fand das an sich nicht schlimm, könnte aber Leserinnen und Leser, die aufgrund von Der mexikanische Fluch einen Horrorroman erwarten, enttäuschen, die auf eine gruselige oder aufregende Handlung gehofft haben. Insgesamt ist das Buch vorrangig eine Emanzipationsgeschichte Carlottas. Bis es diese Route aber wirklich einschlägt, dauert es etwas und das ist das, was ich meine mit ziellos. Mir war gerade in der Mitte des Buches nicht klar, was die Geschichte mir sagen möchte und das minderte die Spannung für mich.
Der zweite Grund ist ein stilistischer. Die Autorin greift sehr gerne auf das Stilmittel der “Szene aus unterschiedlichen Perspektiven” zurück, sprich ein und dieselbe Szene wird erst aus Carlotas Sicht und dann ein Kapitel später aus Montgomerys Sicht erzählt. Das kann man eins, zweimal als Kunstgriff machen, um die unterschiedlichen Sichtweisen der beiden zu veranschaulichen, aber hier wurde das zu oft gemacht und es entsteht der Eindruck, dass die Handlung nicht vom Fleck kommt und sich sogar wiederholt.
Im letzten Drittel zeiht das Tempo dann wieder an das Ende ist dann aber auch wieder “nur” ok. Es ist im Grunde, wie mit dem ganzen Buch und was ich auch schon mit Der mexikanische Fluch hatte: Es fehlt ein bisschen der Schwung, der Pepp, der Funke, der aus einem guten Buch, ein großartiges macht.
Ähnlich wie bei “Der mexikanische Fluch” war es ein gutes, aber nicht herausragendes Buch. Irgendwie fehlt am Ende immer ein bisschen der Schwung, der Pepp und in der Mitte hat es auch ein paar Längen. Trotzdem hab ich es gerne gelesen und ich würde auch weiterhin zu Büchern der Autorin greifen.
► Teilzeithelden
► Buchpelenblog: 4/5
► Zeit für neue Genre: 3/5
► Blogger in the Jogger: 3/5