(Verlagstext)
Ariadne, Tochter von König Minos und Schwester des Minotaurus, ist so ganz anders als ihre Geschwister. Aufgewachsen mit den griechischen Heldensagen, schwört sie sich, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und es nicht den Göttern zu überlassen. Jedes Jahr beobachtet sie, wie das unterworfene Athen als Tribut 14 Jugendliche nach Kreta schickt, um den Hunger des Minotaurus zu stillen. Sie lehnt sich vergeblich gegen diese Grausamkeit auf. Bis sie sich in einen der Todgeweihten verliebt. Theseus verspricht ihr, sie mit nach Athen zu nehmen, wenn sie ihm hilft, das Ungeheuer zu töten. Ariadne verrät den Zugang zum Labyrinth und schenkt Theseus einen roten Wollfaden, sodass er den Weg zurück zu ihr findet. Gemeinsam segeln sie los, doch Theseus lässt sie auf der Insel Naxos zurück. Damit beginnt Ariadnes eigene Geschichte …
Heute habe ich wieder drei Cover für euch, da ich euch unbedingt sowohl das originale UK Cover (Mitte), als auch das US Cover (rechts) zeigen wollte. Im Vergleich zu dem beiden, wirkt das deutsche Cover leider ziemlich fad. Die Nachahmung zu Millers “Ich bin Circe“, sowohl im Titel, als auch im Cover sind mir zu offensichtlich und noch dazu schlechter ausgeführt. Mir ist schon klar, dass man Leser*innen dieses Buches auch zum Kauf von Ariadne animieren wollte, aber ein paar mehr eigene Ideen hätte man schon einbringen können. So ist es zwar objektiv ganz hübsch, wirkt aber schlecht kopiert.
In das Original hingegen habe ich mich gleich verliebt. Der Kontrast zwischen tiefblau und Gold ist sehr ansprechend, die Weinranken nehmen Bezug auf Dionysos und die Goldelemente sind mit Metallfolie belegt, was das Buch in echt noch viel eindrucksvoller aussehen lässt. (Und unter dem Umschlag sieht es fast noch besser aus, Schaut mal HIER und HIER) Das US Cover ist da vielleicht auch etwas schlichter, das Design spricht mich aber auch total an.
Griechische Mythologie ist mein Ding, das werde ich nicht müde immer wieder zu sagen und auch wenn es auch im Jugendbuch Bereich einige herausragende Adaptionen griechischer Mythen gibt, bin ich doch sehr froh, dass auch die erwachsene Literaturwelt das Thema für sich entdeckt hat und das insbesondere mit feministischem Blick. Saints Ariadne wird dabei in der englischsprachigen Buchbubble meist in einem Atemzug mit Millers Ich bin Circe genannt, mein Jahreshighlight 2021, daher war ich sehr aufgeregt, als ich die Übersetzung entdeckte, doch hielt ich hier ein weiteres Meisterwerk in der Hand?
Auch für Mythologie Einsteiger geeignet
Zuerst wieder der “Ehemlige-Klassische-Archäologie-Studentn-Pingeligkeits-Test”, sorry da müssen alle Mythologie Bücher durch, aber Ich, Ariadne hat nichts zu befürchten, denn die Autorin hat ihre Hausaufgaben gemacht und ich bin mit der Adaption der Originalmythen zufrieden. Es erreicht zwar nicht die Tiefe und Komplexität von Circe (ich weiß, man sollte Bücher nicht an anderen messen, aber wenn der Verlag so offensichtlich an das Buch anknüpfen will, muss man auch leben damit verglichen zu werden), aber man spürt trotzdem, dass die Autorin die Originalmythen gelesen hat und nicht nur aus Halbwissen rund um Theseus geschrieben hat, daher kann ich nicht meckern und für all jene, die in den antiken Mythen nicht so sattelfest sind, wie ich, dürfte es bestimmt auch ganz angenehm sein, nicht von hundert weiteren mythologischen Randfiguren und deren Namen überflutet zu werden. Lediglich in Bezug auf Dädalus und Ikarus bin ich enttäuscht wie kurz und am Rande deren Schicksal abgehandelt wurde, hier hätte man sich doch noch ein paar Seiten mehr nehmen können.
Ariadne und Phädra
Doch kommen wir zur eigentlichen Geschichte. Der Klapptext stellt Ariadne ins Rampenlicht, aber eigentlich haben wir in dem Buch zwei Protagonistinnen, denn neben Ariadnes, bekommen wir als Leser*innen auch die Gedanken und Gefühle ihrer Schwester Phädra vermittelt. Die beiden Schwestern sich dabei von sehr unterschiedlicher Natur. Während Ariadne zurückhaltend, träumerisch und bodenständig ist, ist Phädra extrovertiert, zielstrebig und ehrgeizig. Der Kontrast zwischen den Schwestern ist gelungen dargestellt und hat mir sehr gut gefallen. Zum Teil werden die Schwestern mit ähnlichen Problemen und Situationen konfrontiert, reagieren aber ganz unterschiedlich auf diese. Dies wird insbesondere beim Thema Mutterschaft deutlich und ich finde es richtig klasse, dass die Autorin nicht nur die positiven Gefühle beschreibt, die damit einhergehen, sondern auch dem Stress, der Müdigkeit, der Angst und den Einschränkungen Raum gibt bez. sogar so weit geht fehlende Muttergefühle zu thematisieren, denn ja das gibt es.
Ich hatte schon viel über die Qualen der Geburt gehört, aber niemand hatte mir gegenüber je das Elend erwähnt, das darauf folgte. Als sie mir das Kind in die Arme legten, war ich verwirrt. […] Ich hatte Schmerzen, war völlig erschöpft. Ich sehnte mich nach Schlaf, mehr als nach allem anderen […] und fragte mich, warum, ales was ich empfinden konnte, eine Mischung aus Verzweiflung und schwachem Mitleid für diesen winzigen, zornigen Säugling war, der so enttäuscht zu sein schien, sich in meiner Gegenwart wiederzufinden.
Ich, Ariadne von Jennifer Saint, List Verlag, 2021, S.272
Nicht für jede Frau sind Kinder ein Segen, das sollte und muss die Gesellschaft akzeptieren. Das Aufgreifen dieser Thematik in der Belleristik kann dazu beitragen dies mehr Leuten bewusst zu machen, daher ein großes Lob an dieser Stelle an Jennifer Saint, dass sie diesen Aspekt in ihr Buch eingebracht hat.
Um wieder auf die Schwestern zurückzukommen, muss ich sagen, dass mir im gesamten tatsächlich Phädra besser gefalle hat, als Ariadne. Letztere war mir zwar sympathischer, aber ich fand, dass sie im Vergleich zu ihrer Schwester die geringere Entwicklung durchmacht. Dafür, dass sie im ersten Kapitel noch groß angekündigt, wie Medusa lieber ihre Feinde in Schrecken zu versetzten, als sich wie ihre Mutter zu ducken, bleibt sie bis zum Ende des Buches erstaunlich passiv. Auch hier fällt es mir schwer Ariadne nicht mit Circe zu vergleichen. Beide landen ungerechterweise und von Männern verdammt auf einer einsamen Insel, doch während sich Circe ihre Insel untertan macht, bleibt Ariadne bis zum Schluss nur ein Gast auf der ihren. Ein letzter, anders hindeutender Satz auf der letzten Seite kann an diesem Eindruck auch nichts mehr ändern.
Den Preis, den die Frauen zahlen
Ein Aspekt, der mir wiederum sehr gut an dem Buch gefallen hat, ist, die zutreffende und ernüchternde Sichtweise auf das Schicksal von Frauen in der griechischen Mythologie.
Damals wusste ich noch nicht, dass ich auf eine grundlegende Wahrheit des Frauseins gestoßen war: Ganz gleich, wie tadellos unser Leben war, die Leidenschaften und Begierden der Männer konnten uns jederzeit in den Ruin stürzen, ohne dass wir etwas dagegen zu unternehmen vermochten.
Ich, Ariadne von Jennifer Saint, List Verlag, 2021, S.21
Medusa, Pasiphae, Io, Kalisto … Die griechische Mythologie ist voll von Frauen, die für Dinge bestraft wurden, die Männer getan haben, ganz zu schweigen von nochmal doppelt so vielen Frauenfiguren, die direkt Gewalt von Männern erfahren. Und es sind nicht nur die Götter oder Schurken, die dieses Leid verursachen, auch die Heroen haben, um es salopp zu sagen, gewaltig Dreck am Stecken, allen voran Herakles und Theseus, also ausgerechnet die Heroen, die im antiken Griechenland am meisten verehrt wurden.
Ich finde es daher immer gut, wenn in modernen Adaptionen das Narrativ des glorreichen Helden aufgebrochen wird. Die Ent-Idealisierung von Theseus gelingt der Autorin auch sehr gut, wobei ich mir wahrscheinlich auch gerade deswegen noch mehr Entwicklung bei Ariadne gewünscht hätte, denn in meinen Augen reicht es nicht in einem Buch, die Männer alle, als schlecht darzustellen, um wirklich feministisch zu sein. Vielmehr möchte ich sehen, wie Frauen sich über diese Normen erheben und Einschränkungen überwinden, nicht nur real, sondern auch in ihren eigenen Deckweisen und das kam mir hier eben doch zu kurz. Auch fände ich es immer schöner, wenn es auch positive männliche Figuren gibt, denn wenngleich es manche Gegner glauben mögen, beim Feminismus geht es schließlich nicht darum alle Männer zu verteufeln. Wenn ich schon auf ein Problem hinweise, kann ich mir auch die künstlerische Freiheit nehmen Verbesserungen darzustellen, selbst wenn der Mythos selbst es nicht hergibt.
Ich, Ariadne kann durchaus unterhalten und ist gerade für Mythologie Neulinge einsteigerfreundlich. Zudem greift es einige wichtige Themen auf, wenngleich es mir da manchmal nicht tief und differenzierend genug in die Materie geht und ich mir gerade bei der Protagonistin mehr Entwicklung gewünscht hätte. Dadurch beschert das Buch beschert einem zwar einige amüsante Stunden, ihm fehlt jedoch der letzte Schliff, um lange nachzuhallen, trotzdem würde ich jeden Mythologie-Interessierten raten, sich selbst ein Bild zu machen und empfehle das Buch gerne und guten Gewissens weiter.
{Rezension} Ich, Ariadne von Jennifer Saint ♣ Bellas Wonderworld
Lesedauer: 4 MinutenAls Tochter des kretischen Königs Minos wuchs Ariadne nicht nur mit den griechischen Sagen auf, sondern auch mit dem monströsen Minotaurus als Bruder. Ihr machthungriger Vater fordert jedes Jahr für den Minotaurus vierzehn Jugendliche als Opfer von Athen. Ariadne verfolgt das Geschehen mit Schrecken, bis sie sich eines Tages in Theseus, den Prinzen von Athen, verliebt, der dem Ungeheuer ein Ende bereiten will. Mit ihrer Hilfe gelingt Theseus die Heldentat und gemeinsam segeln sie in eine Zukunft in Athen, doch bei einem kurzen Aufenthalt auf der Insel Naxos begeht Theseus Verrat und lässt Ariadne alleine zurück…Die Faszination der griechischen Mythologie erlebt seit Jahren eine Renaissance, sei es in der Jugendliteratur, der Comic-Welt, aber auch bei den Romanen für Erwachsene, bei denen auch weibliche Nebenrollen mit einer feministischen Betrachtungsweise in den Vordergrund gestellt werden (wie es z. B. Madeline Miller bravourös in »Ich bin Circe« bewiesen hat).Jennifer Saint reiht sich mit ihrem Roman »Ich, Ariadne« in diese Riege ein, denn sie erzählt den griechischen Mythos um den Minotaurus von Kreta und seinen Bezwinger Theseus aus der Perspektive der Ariadne, die keine unwichtige Rolle in dieser Geschichte einnimmt und es somit verdient hat in den Vordergrund zu treten, auf eine moderne Weise neu.Der berühmte Heldenepos entfaltet aus der weiblichen Sicht eine vollkommen andere Dynamik, denn hier stehen nicht die Heldentaten, Kriegsführung und Machthaberreien der Herrscher im Vordergrund, sondern die Auswirkungen dessen auf die Frauen und Familie. Früh lernt Ariadne durch Erzählungen diverser Sagen, dass oftmals die Frauen für die Verfehlungen der Männer von den Göttern bestraft wurden. Dieses Schicksal möchte sie auf keinen Fall teilen, zumindest schwört sie sich das, bis sie sich selbst von Theseus verraten sieht und hinter den Glanz seines Heldentums blickt.
Nicht nur Ariadnes Schicksal wird von Jennifer Saint in den Fokus gerückt, sondern auch das schwere Los ihrer Mutter Pasiphae, die anstatt ihres Gatten Minos von den Göttern bestraft wird und Ariadnes Schwester Phädra erhalten eine Bühne. Die Botschaft von Jennifer Saint ist klar, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass die Kluft zwischen den leidtragenden Frauen und den fehlgeleiteten Männern nicht so stark schwarz-weiß dargestellt worden wäre. Ein ausgleichender Protagonist hätte der Geschichte sicherlich gutgetan und die auffallend „gewollte“ Nuance verhindert.Der Vergleich zu Madeline Millers »Ich bin Circe« drängt sich optisch sowie thematisch auf, jedoch zieht hierbei »Ich, Ariadne« direkt den Kürzeren. Losgelöst von dieser Gegenüberstellung ist Jennifer Saints Roman eine gelungene Neuinterpretation einer Erzählung aus der griechischen Mythologie, in der Umsetzung bleibt die Geschichte jedoch distanziert, wo Miller Nähe schafft und zum mitfiebern bewegt und oberflächlich, wo ›Circe‹ Tiefe und Nachdruck erhält.»Ich, Ariadne« ist ein absolut lesenswerter Roman für alle, die gerne in eine leicht zugängliche Geschichte aus der griechischen Mythologie abtauchen wollen und dabei offen für eine andere Perspektive, abseits des Heldentums sind. Jennifer Saint muss den Vergleich mit Madeline Miller nicht scheuen, lädt sie doch dazu ein, die althergebrachten Mythen der griechischen Sagen neu zu überdenken.*WERBUNG* Titel: Ich, Ariadne Originaltitel: Ariadne Autorin: Jennifer Saint Übersetzerin: Simone Jakob Genre: Sonstige Belletristik Verlag: List (Ullstein Buchverlage) ISBN-13: 978-3471360255 Format: Gebunden Seitenanzahl: 416 Seiten Preis: 24,00 € Erschienen: 29. November 2021bei amazon bestellenJennifer Saint begeisterte sich schon als Kind für die griechische Mythologie, und während ihres Studiums der Altphilologie am King’s College in London hat sie ihre Liebe zu den antiken Sagen vertieft. Als Englischlehrerin versucht sie die Faszination für Geschichten aller Art und die reiche Erzähltradition seit Homer zu vermitteln. Jeder Erzähler hat die antiken Stoffe für sich neu interpretiert. Jennifer Saint stellt die weibliche Heldin in den Mittelpunkt.Quelle: Ullstein Buchverlage
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